Das Licht wird angeschaltet. Der dunkle Raum bekommt Konturen. Wir befinden uns in einem Lager. Alles ist ausgekleidet mit Regalen aus denen Ikeatüten quellen. Sie sind gefüllt mit Anziehsachen.
Kornelia und Karolina, die zwei Protagonistinnen stehen vor uns. Sie sind Aktivistinnen aus Polen. Sie versuchen Flüchtlinge, die aus Belarus nach Polen über die Grenze fliehen wollen, mit Essen, Wasser, Klamotten und Medizin zu versorgen.
Doch die Lage ist kompliziert. Belarus benutzt die Flüchtlinge als Druckmittel gegen die EU und Polen. Polen sollte eigentlich humanitäre Hilfe leisten, schreibt sich aber eher den Grenzschutz auf die Fahnen. Sie lassen die Flüchtlinge hinter der Grenze ausharren. Auch bei Eiseskälte wird ihnen nicht geholfen. Dagegen zwingen die belarussischen Offiziere die Migranten über die Grenze. Es wird berichtet, dass sie den Migranten die Wahl zwischen dem Tod in Belarus und der Flucht nach Polen stellen.
Die zwei Protagonistinnen im Film „Border Conversations“ gehören zu einer Gruppe, die die Migranten nicht hilflos in der Luft hägen lassen wollen. Sie wollen humanitäre Hilfe leisten. Der Film handelt von ihren Versuchen, mit Geflüchteten in Kontakt zu treten und sie zu versorgen.
Man erfährt durch eingeblendete Chatverläufe von ihren Versuchen zu den Flüchtlingen zu kommen und ihnen zu helfen. Diese sind sehr emotional, wie als auf die Frage: „Wie geht es euch?“ nur zurückkommt: „We are dying!“.
Der Film dokumentiert, dass die Aktivistinnen es oft nicht schaffen. Manche Menschen misstrauen ihnen, mit anderen verlieren sie den Kontakt, wieder andere werden von der Grenzschutzpolizei entdeckt. Man wird auf einer sehr emotionalen Ebene mitgenommen, da der Regisseur nicht auslässt, wie die Aktivistinnen selbst an ihrer Hilflosigkeit verzweifeln. So können sie zum Beispiel eine Mutter mit einem 1,5-jährigen Kind nicht retten, weil sie sich in der Grenzzone befinden. Darauf muss Kornelia weinen und man selbst fühlt sich sehr betroffen.
Das Ende zeigt, unterlegt mit trauriger Musik, die Zelte an der Grenze zwischen Polen und Belarus. Man sieht im Hintergrund einen riesigen Stacheldrahtzaun hinter dem man im Nebel die Polizeilichter erahnen kann. Die Kamera schwenkt und man sieht Zelte bis an den Horizont. Überall brennen Lagerfeuer und die Menschen sitzen in Massen vor den Zelten. Die Bilder sind sehr bewegend.
Mich hat der Film sehr mitgenommen. Ich saß erst mal ein paar Minuten sprachlos im Kino und musste das Gesehene verdauen. Auch der Kinosaal war danach sehr still. Ich fand den Film wirklich gut, weil er mich ohne gestellte Situationen oder draufgesprochen Text mitgenommen und emotional berührt hat.
Im Filmgespräch mit dem Regisseur und den Aktivistinnen hat mich auch der Satz von Karolina mitgenommen, die meinte: Wir treffen beim Helfen nur falsche Entscheidungen!“
Filmkritik von Henri