Bunt, bunter, Vika!

Eine große Leinwand in der Osthalle des Hauptbahnhofs zieht die Blicke vieler Interessent*innen auf sich – zu sehen bis jetzt nur das Logo des diesjährigen DOK-Festivals. Hier wird um 20:30 Uhr der erste Film des 66. DOK öffentlich gezeigt – “Vika!” von der polnischen Regisseurin Agnieszka Zwiefka.

Die Osthalle ist in ein warmes Licht und Stimmengewirr getaucht, eine Atmosphäre, die man im Hauptbahnhof selten erlebt. Alle Stühle sind besetzt und sogar daneben und dahinter machen es sich Leute auf dem Boden – mehr oder weniger – bequem.

Wir, Lina und Gesine von den DOK Spotters, konnten zum Glück noch Plätze ergattern. Viele der Besucher*innen haben Decken und Thermoskannen dabei, denn in der Eingangshalle ist es herbstlich kühl. 

Nach einer herzlichen Begrüßung durch den Festivaldirektor Christoph Terhechte und einführenden Worten der Regisseurin startet „Vika!“:

Die Dokumentation begleitet über vier Jahre das Leben der Mitte 80-Jährigen DJane Wirginia „Wika“ Szmyt aus Polen, die sich weigert, ein typisches Rentnerdasein zu fristen. Vika strahlt Lebensfreude aus und will Andere in ihrem Alter motivieren, sich schön zu fühlen und das Leben zu genießen. In extravaganten Klamotten und rotem Lippenstift legt sie nicht nur in polnischen Clubs auf.

In manchen Momenten, umgeben von jungen Leuten, vergisst sie, dass das Leben endlich ist. Doch nicht alle feiern Vika. Bei einem Auftritt in einem Altenheim, wo Vika ja eigentlich unter Gleichaltrigen ist, belächelt man sie und ihre Einstellung zum Altern eher verächtlich.

Auch eine andere Seite von Vikas Leben wird beleuchtet: Zu ihren Kindern und Enkelkindern hat sie kaum Kontakt und ihr Partner ist verstorben. Vika sagt, sie störe das nicht, so wäre das Leben halt. 

Der Film wird durch Musical-Elemente aufgelockert – immer wieder tanzen Vika und ihre Freunde in farbenfrohen  Kostümen über die Leinwand.

Die Regisseurin Agnieszka Zwiefka erklärt später, dass sie Vikas Geschichte so erzählen wollte, wie Vika selbst sie erzählen würde – mit Musik, Tanz und Farbe. Die Szenen wirken dabei nicht überspitzt, sondern fügen sich gut in die Story ein. 

Das schillernde Leben Vikas wird plötzlich von der Corona-Pandemie unterbrochen. Anstatt mit jungen Menschen im Club zu feiern, ist sie jetzt alleine in ihrer Wohnung, ihr einziger Kontakt ist ihre Katze. Aber Vika knickt nicht ein und veranstaltet kurzerhand einen Gig per Insta-Livestream aus ihrem Wohnzimmer heraus. 

Die Dokumentation zeigt Vika ganz so wie sie ist und mit all ihren Facetten, dabei gibt es keine Tabus, wie auch die Regisseurin später unterstreicht. So ist der Film manchmal überraschend melancholisch und nachdenklich und im nächsten Moment lacht das Publikum, weil Vika flucht, was das Zeug hält, weil ihre Katze einfach nicht stillhalten kann. 

Am Ende des Films spendet das Publikum den verdienten Applaus. Nach einem kurzen Filmgespräch leert sich die Osthalle wieder.

Zum Einstieg ins Festival war “Vika!” der perfekte Film und ist auf jeden Fall einen Besuch im Kino wert!

Wir fänden Vika als Oma auf jeden Fall cool, können aber auch verstehen, dass es für Andere befremdlich erscheint, sich im hohen Alter nochmal neu zu erfinden. Vikas Geschichte inspiriert uns, auch wenn sie fast fünf Mal so alt ist wie wir. Es ist nie zu spät, etwas Neues zu beginnen und sich selbst zu feiern!

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