„Kurs auf Sternsystem K-Market“

„Biep – Boop. Kurs auf Sternsystem K-Market.“ – Ungefähr so hört sich eine Szene aus dem finnischen Film „Blush“ von Regisseurin Iiti Yli-Harja an. Obwohl dies nun vermutlich einigermaßen abstrakt klingt, hat es der 15-minütige Stopp-Trick-Animationsfilm ordentlich in sich. 

Der 18-jährige Fatu geht mit seinem besten Freund zum lokalen Supermarkt.

Doch dieser Besuch ist anders als sonst: es ist das erste Mal, dass Fatu in Full-Glam Make-up geht. Das fühlt sich für ihn so aufregend an, dass man im Film nie den tatsächlichen Weg zum Supermarkt sieht, sondern eine Weltraumreise zum Sternensystem K-Market. 

Die Situation stellt für Fatu eine so große Herausforderung dar, dass er Angst bekommt. Doch sein bester Freund bestätigt und begleitet ihn auf Schritt und Tritt.

Der Film porträtiert die Ängste und Probleme, mit denen ein großer Teil der LGBTQIA+ Community oft zu kämpfen hat, sehr genau und präzise. Doch lockert der teils finnisch, teils englische Dialog dieses schwere Thema auf. Die sehr ungewöhnlichen Bilder zusammen mit dem ausgefallen Stopp-Trick-Stil von Iiti Yli-Harja geben dem Film schnell eine einzigartige visuelle Identität, die man nicht so leicht wieder vergisst. Dazu steckt in jedem Set eine unglaubliche Liebe zum Detail. Das Raumschiff, mit dem die beiden ihre Reise bestreiten ist zum Beispiel mit Bordcomputer, Lüftungsschächten, Sternkarte und vielen weiteren kleinen Maschinen und Knöpfen ausgestattet.

Die Interaktionen der Charaktere fühlen sich nicht nur real an, sondern sind es großteils auch. Keine Konversation zwischen Fatu und seinem besten Freund wirkt überflüssig oder fehl am Platz. Dasselbe kann über Fatus Beziehung zu seiner Familie gesagt werden. Obwohl dies nur sehr kurz angeschnitten wird, weiß man schnell, wie Fatu sich fühlt und warum er sich so verhält, wie es im Film gezeigt wird. 

„Blush- an extraordinary Voyage“ schafft es schnell, mir Fatus großes Abenteuer emotional nah zu bringen und mehr über ihn erfahren zu wollen. So kann ich mich einfacher in Fatu hineinversetzen, obwohl ich mich selbst nicht mit LGBTQIA+ identifiziere. Teilweise schafft der Film es sogar, mir das Gefühl zu geben, ich sei selbst als dritter Passagier im Raumschiff und begleite Fatu auf seiner Reise.

Die Regisseurin Iiti Yli-Harja reizt mit Blush die Grenze zwischen Animation und Dokumentation aus. Sie verbindet reale Konversationen mit ihrer einzigartigen Stopp-Trick-Animation, was zunächst sehr ungewöhnlich klingen mag. Trotzdem schafft sie es, niemals in eines der beiden Genre zu tief einzutauchen, so dass das jeweils Andere nie in den Hintergrund rückt. Deswegen und aufgrund der ausgefeilten, visuellen Identität von Blush, ist es mehr Erlebnis als Film und den Kinobesuch definitiv wert!

Filmkritik von Edgar

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