Süßigkeiten für einen erfolgreichen Wahlkampf

In dem von Pawel Ferdek produzierten Film „Leaders“ (was auf Deutsch soviel wie Führung heißt) geht es um eine Grundschule in Warschau, in der die Schüler der vierten bis sechsten Klasse ihre Schülervertreter wählen sollen. Im Mittelpunkt des Films stehen Kais, Marcel, Helena und Filia – die alle für das Amt kandidieren. Dabei kopieren sie genau das, was sie bei den Erwachsenen abgeschaut haben.  Sie basteln fantasievolle Wahlplakate und überlegen sich Wahlversprechen. Die Jungs wollen Kunstrasen für den Sportplatz und ein Netz fürs Fußballtor. Die Mädchen wollen Eis in der Schulkantine und Musik in den Pausen. Über die Finanzierung haben sie sich aber noch nicht so viele Gedanken gemacht. Unterstützt werden die Kandidaten von ihrer Familie und ihren Freunden. Da wird dem einen Mut zugesprochen und dem anderen werden Taktiken zur Bestechung beigebracht. Im Grunde haben alle das gleiche Ziel: gewählt werden und endlich über alles und jeden bestimmen können.

LeadersAlle außer Marcel – denn er will gewählt werden, um dazu zu gehören und vor allem respektiert zu werden. In der Schule mag ihn keiner, er wird herum geschubst und beleidigt. Dabei würde er fast alles tun, um das zu ändern. Er wäre sogar bereit, sein eigenes Geld zu verwenden, um den versprochenen Kunstrasen zu kaufen. Trotzdem weigert er sich, mit unfairen Mitteln kämpfen.

Im Gegensatz zu den anderen Kindern verteilt er keine Süßigkeiten, um gewählt zu werden. Umso trauriger ist es, bei der Bekanntgabe der Wahlergebnisse zu erfahren, dass nicht er, sondern Kais als neuer Schülervertreter gewählt wurde. Marcel erhielt nur eine Stimme und die hat er selbst abgegeben.

Welche Schlüsse zieht ein Fünftklässler mit einem labilen Selbstbewusstsein aus einer solchen Niederlage? War der Sinn dieser Wahl, ihm beizubringen, dass man nur gewinnt, wenn man mit unfairen Mitteln spielt? Welche Schlüsse zieht ein Junge wie Kais aus diesem eher außergewöhnlichen Experiment, Kindern Politik beizubringen? Je populärer die Wahlversprechen, desto größer die Chance auf den Sieg – egal wie umsetzbar oder realistisch die Pläne sind.

Ohne Frage haben Kais, Helena, Filip und Marcel in diesem Wahlkampf eine Menge gelernt. Was sie jetzt mit ihren neuen Erkenntnis anfangen, bleibt abzuwarten. Vielleicht besucht Pawel Ferdek seine Protagonisten in fünf Jahren noch einmal – und wir können erleben, ob sie immernoch versuchen, mit unfairen Mitteln an ihre Ziele zu kommen.

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